Seiten

10 Januar 2020

BARMER empfiehlt PAIN2020: Handeln, bevor Schmerz chronisch wird

Westsachsen.- Für Patientinnen und Patienten mit einem Risiko für das Entstehen chronischer Schmerzen etablieren die Deutsche Schmerzgesellschaft und die BARMER eine neue Versorgungsform. Partner in Sachsen ist seit März das UniversitätsSchmerzCentrum (USC), des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden. Ziel des Modellprojekts „PAIN2020“ ist es, Betroffene vor einer Chronifizierung ihrer Schmerzen zu bewahren und somit zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. „Mit PAIN2020 wird es eine neue, strukturierte und fachübergreifende Herangehensweise in der Behandlung von Patienten mit Schmerzen geben. Durch die neue Versorgungsform wird frühzeitig und sektorenübergreifend die am besten geeignete Therapieform aufgezeigt, damit Schmerzen erst gar nicht chronisch werden“, verdeutlicht Dr. Fabian Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER Sachsen, das bundesweite Projekt.
Individuell zugeschnittene Therapie statt Ärzte-Odyssee
Die an der Diagnostik und an der Therapie beteiligten Berufsgruppen (Fachärzte, Physiotherapeuten und Psychotherapeuten) arbeiten frühzeitig eng zusammen. Zentrales Element ist die umfassende Untersuchung der Betroffenen in Form einer interdisziplinären multimodalen Bewertung durch Ärzte, Psychologen und Physiotherapeuten. Dies geschieht, je nach Entscheidung der Patienten sowie nach Empfehlung der niedergelassenen Ärzte im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden. Auf Basis der jeweiligen Befunde werden auf die Patienten zugeschnittene Therapien empfohlen. Das Experten-Team um Prof. Dr. med. Rainer Sabatowski, Leiter des USC am Universitätsklinikum der Technischen Universität Dresden, informiert und berät die Patienten, welche Therapie am besten geeignet ist. „Ehe Betroffene den Weg in einer Schmerzambulanz oder eine Schmerzpraxis finden, vergehen oft viele Jahre, in denen sie eine Vielzahl meist erfolgloser Behandlungen erhalten, so unter anderem Cortisol-Spritzen, Operationen und hochdosierte Opiate. Viele Patienten erleben bislang eine wahre Ärzte-Odyssee, bis ihnen endlich geholfen wird“, sagt Prof. Sabatowski. Durch die Vernetzung zwischen verschiedenen medizinischen Fachgebieten im Rahmen von „PAIN2020“ soll dies ein Ende haben. „Eine interdisziplinär erarbeitete ganzheitliche Therapie erleichtert die Weiterbehandlung von Schmerzpatienten beim Haus- oder Facharzt. Gleichzeitig erhält der weiterbehandelnde Arzt einen Ansprechpartner für später auftretende Fragen“, ergänzt Fabian Magerl.
Schmerz-Patient ist nicht gleich Schmerz-Patient
Neben der schmerzmedizinisch fundierten Diagnostik von Risikofaktoren für das Entstehen von chronischen Schmerzen bietet „PAIN2020“ ergänzend zur Regelversorgung zwei ambulante Therapien an. Je nach Krankheitsbild der Patienten handelt es sich entweder um eine einmalige Schulung mit Informationen zur Erkrankung und zu Methoden der Schmerzbewältigung, oder um eine umfangreichere begleitende Schmerztherapie mit 30 Stunden, verteilt über zehn Wochen.
Bei „PAIN2020“ geht es insbesondere auch darum, Betroffene im Umgang mit ihrer Erkrankung besser zu schulen und sie in die Therapie-Entscheidung einzubeziehen. Daher auch die umfassende Untersuchung der Patientinnen und Patienten in Form des interdisziplinären multimodalen Assessments. Dabei gelten verschiedene Kriterien, anhand derer die Vertreter der beteiligten medizinischen Berufsgruppen feststellen können, ob bei den jeweiligen Patienten das Risiko einer chronischen Schmerzerkrankung besteht und sie somit für die innovative Versorgungsform infrage kommen. Zielgruppe sind Menschen mit Schmerzen, die über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen anhalten oder deren Schmerzen trotz einer fachspezifischen Behandlung wiederkehren. Weiteres Kriterium kann eine aktuelle, seit vier Wochen andauernde Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit von mindestens sechs Wochen in den zurückliegenden zwölf Monaten sein.
Mehr zum Thema:
· Das Projekt „PAIN2020“ wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit sieben Millionen Euro gefördert. Es läuft zunächst über drei Jahre. Im Anschluss werden die Ergebnisse evaluiert und in einem Schlussbericht bis zum Jahr 2021 zusammengefasst.
· Das Projekt wendet sich an Versicherte ab einem Lebensalter von 18 Jahren mit schmerzbedingten Einschränkungen, die zwar länger als sechs Wochen bestehen bzw. in kürzeren Phasen innerhalb der vergangenen beiden Jahre aufgetreten, aber noch nicht chronifiziert sind.
· In Sachsen leiden mehr als 170.000 Menschen unter chronischen Schmerzen (BARMER Arztreport 2016). Das Projekt „PAIN2020” untersucht, ob ein neuer Behandlungsansatz womöglich verhindern kann, dass die Leiden betroffener Schmerzpatienten chronisch werden. PAIN (Patientenorientiert. Abgestuft. Interdisziplinär. Netzwerk.) steht für eine neue, strukturierte und
fachübergreifende Herangehensweise.
· Schmerzen können als Warnsignal auf gesundheitliche Probleme aufmerksam machen, als länger andauernde Schmerzzustände das
Wohlbefinden und die Lebensqualität beeinträchtigen oder sich zu eigenständigen Krankheitsbildern oder Schmerzsyndromen entwickeln. Mit der neuen Art der Versorgung im Rahmen des Modellprojekts soll ein früheres Eingreifen besser gelingen.
· Das UniversitätsSchmerzCentrum (USC), des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden gehört mit vollstationären und tagesklinischen Behandlungsplätzen und einer leistungsfähigen Schmerzambulanz zu den großen und bekannten Schmerzzentren Deutschlands. Die tagesklinische Schmerztherapie folgt einem interdisziplinären multimodalen Behandlungskonzept. Außerdem bietet das USC eine Kinderkopfschmerzsprechstunde/-ambulanz.

Mehr Informationen: www.pain2020.de