Westsachsen/Reichenbach.- 1898 wurde in Reichenbach mit dem Kaiserhof (Foto) ein Kulturtempel und eine Begegnungsstätte für
alle Generationen eröffnet. Dieser wurde am Ende des zweiten Weltkrieges zerstört und als
Reichenbacher Hof wiederaufgebaut. 1949 wurde das Gebäude als Stadttheater unter dem Namen
„Neuberinhaus“ wiedereröffnet. Das Haus selbst hat seitdem das kulturelle Leben in Reichenbach
geprägt und beeinflusst. 2023 jährt sich die Geschichte nun zum 125. Mal und soll mit einem
besonderen Projekt gewürdigt und gefeiert werden aber auch den Blick in die Zukunft richten und
sich mit der Frage auseinandersetzen, was bedeutet Kultur heute und in den nächsten 125 Jahren.
Das Projekt „Vom Kaiser zur Prinzipalin / Die Geschichte eines Kulturhauses“ ist eigentlich schon
in vollem Gange. „Seit die Förderzusage durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen sind wir
in der Planung und in Teilen sogar schon in der Umsetzung. Wir sind auf alle Fälle stolz darauf,
dass wir mit dem Projekt 8.000 € von der Stiftung erhalten“, weiß Severin Zähringer, Leiter des
Neuberinhauses. Kern des Projektes ist eine Aufführung der hiesigen Amateur Theatergruppe.
Das Neuberin Ensemble wird anlässlich des Jubiläums Schillers „Braut von Messina“ in einer
kompletten Neuüberarbeitung auf die Bühne bringen. Dafür wird bereits fleißig geprobt. „Wir
entwickeln gerade das Stück mit den Spielerinnen des Ensembles. Sie haben alle wunderbare
Ideen wie man den etwas angestaubten Stoff ins hier und jetzt transferiert.“, erzählt Jakob Seidel.
Er hat bereits die letzten Jahre im Ensemble mitgespielt und war schon in anderen Theaterprojekten tätig. In diesem Jahr übernimmt er gemeinsam mit Annegret Thalwitzer (Foto) die Co-Regie für das Stück. „Das ist schon ein ganzes Stück Verantwortung, was man da zu tragen hat. Aber die Zusammenarbeit mit Annegret Thalwitzer und den Spielerinnen ist wirklich großartig.“, so Seidel weiter.
„Das Projekt beinhaltet aber noch viel mehr, denn wir wollen alle in Reichenbach auffordern
mitzumachen und Sie in die kulturelle Entwicklung unserer Stadt einbinden“, sagt Annegret
Thalwitzer, die neben der Co-Regie auch das Projektmanagement übernommen hat. „Wir starten
im April jetzt mit einer dreiteiligen Workshopreihe, die sich mit der Frage auseinandersetzen soll,
wie Kultur in Zukunft sein soll“, so Thalwitzer weiter. Der erste Workshop findet am 15. April ab
10 Uhr im Neuberinhaus statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung telefonisch oder per
Mail im Neuberinhaus ist wünschenswert. Die beiden weiteren Termine sind der 13. Mai und der 17. Juni 2023. Erkenntnisse aus dem Workshop sollen einerseits ins neue soziokulturelle Konzept
des Hauses einfließen, anderseits soll daraus ein kleines Projekt entstehen welches Ende
September in der Projektwoche mit umgesetzt wird. Weiterhin werden Geschichten und
Erinnerungen an Kaiserhof und Neuberinhaus gesucht. Dabei sollen die Menschen vor Ort ihre
Geschichten erzählen. „Wir haben damit letztens schon begonnen und erste Erinnerungsstücke
aufgenommen, wir sind gespannt was wir noch zu hören bekommen. Wir wollen die erste
Erinnerung und die einprägsamste Erinnerung an das Neuberinhaus oder gar den Kaiserhof
einfangen und konservieren.“ Die Hörstücke werden bei Veranstaltungen im Haus aufgezeichnet.
Jedoch kann sich jedermann beim Neuberinhaus melden um einen individuellen Termin
abzusprechen. Auch bei den Workshops wird es diese Möglichkeit geben.
Ein weiterer Teil des Vorhabens ist eine Ausstellung zur Geschichte des Hauses. Dieses befindet
sich gerade in der Ausarbeitung. Federführend dafür ist der Förderverein Kunsthalle Vogtland.
„Wir wollen uns natürlich am Projekt beteiligen und wollen einerseits eine geschichtliche
Ausarbeitung andererseits aber durch künstlerische Elemente auch eine andere Ebene in die
Ausstellung einbauen.“, so Frank Lorenz künstlerischer Leiter des Vereins. Die Ausstellung und
das Projekt werden am 1. September, 19 Uhr im „Großen Saal“ des Neuberinhaus eröffnet. Zu Gast
wird unteranderem das Brachland Ensemble mit einer besonderen Performance sein. „Wir freuen
uns besonders, dass uns der Kaiser und die Neuberin persönlich zugesagt haben. Aber wir haben
auch noch ein paar andere Überraschungen vorbereitet.“, sagt Zähringer mit einem
Augenzwinkern. Am 15. September wird es dann einen Tag der offenen Tür im Neuberinhaus
geben. Bei diesem werden sich Vereine und Interessengemeinschaften des Hauses vorstellen.
Auch die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach hat zugesagt am Tag eine offene Probe zu
veranstalten.
Vom 28. September bis 1. Oktober findet dann das Festwochenende anlässlich 125 Jahre
Kaiserhof statt. Die Premiere des Stückes „Bruder\Krieg.“ wird am 29. September 19.30 Uhr sein.
Am gleichen Tag vormittags wird es eine Schülervorstellung geben. „Für die Schulen sind wir auch
gerade dabei ein Arbeitsblatt zu entwickeln, das die Lehrer und Lehrerinnen in ihren Unterricht
einbinden können.“, weiß Thalwitzer. Eine zweite Vorstellung wird zum Theatersonntag am 1.
Oktober 2023 um 17 Uhr stattfinden. Das weitere Programm für das Wochenende wird aktuell
noch erarbeitet und zeitnah veröffentlich. Das Projekt wird neben der Kulturstiftung bisher
ebenfalls von der Wohnungsbaugesellschaft Reichenbach als Sponsor unterstützt. „Wir sind mit
noch weiteren Sponsoren im Gespräch und freuen uns über jede Unterstützung. Auch ein
Projektantrag zur Förderung durch die Stadt ist gestellt und steht noch aus. Wir sind sehr dankbar
für jede Unterstützung ohne die, so ein Projekt ja gar nicht zu stemmen wäre.“, beschreibt
Zähringer die Finanzierung des Projektes.
„Neben dem Projektprogramm haben wir natürlich im September noch einige Highlights
vorbereitet. So sollte man das erste Septemberwochenende komplett im Neuberinhaus
verbringen. Neben der Eröffnung haben wir „The Sweet“ am 2. September und das Theaterstück
über Janis Joplin am 3. September im Haus“, erzählt Zähringer „Das lohnt sich einfach!“ Weitere
Highlights im September sind unter anderem gemeinsame Veranstaltungen mit Uwe Treitinger
vom Bergkeller, der Start der Clubkino-Reihe am 13. September, das erste Sinfoniekonzert und
das Konzert anlässlich 70 Jahre Musikschule.
Frei nach Schiller: Bruder\Krieg.
„Die Braut von Messina“, auch „Die feindlichen Brüder“ genannt, ist eines der weniger bekannten
Stücke des Dramatikers Friedrich Schiller. Es erzählt die Geschichte eines Fürstenhauses in
Messina, auf dem ein Fluch lastet. Ein Traum erregte den Fürsten eindringlich: Durch seine
Tochter Beatrice würden seine beiden Söhne den Tod erleiden. Die Tochter sollte daher sterben.
Doch die Fürstin hat sie heimlich in ein Kloster schaffen lassen, in dem sie abgeschieden
aufgewachsen war. Niemand wusste davon bis auf den alten Diego.
Zwischen den fürstlichen Brüdern Don Manuel und Don Cesar ist ein erbitterter Streit
ausgebrochen, der nach dem Tod des Fürsten offen zu Tage tritt. Donna Isabella, die Fürstin von
Messina, will diesen Streit ihrer Söhne schlichten. Beide möchte sie mit ihrer Schwester Beatrice
bekanntmachen. Die Aussöhnung von Don Manuel und Don Cesar gelingt, aber Beatrice ist
plötzlich aus dem Kloster verschwunden.
Innerhalb des Dramas hat Schiller einen Sprech-Chor eingesetzt. Die Figuren des Chors
verkörpern die Soldaten der verfeindeten Brüder. Schiller nutzte den Chor nach dem antiken
Vorbild und wollte so Ästhetik und Poesie in die Handlung bringen.
Das Neuberin Ensemble spielt die Original-Handlung des Stückes und interpretiert Stellen des
Dramas neu. Anstatt des Chors treten einzelne Soldaten auf, die das Volk von Messina andeuten.
Diese Figuren zeigen Personen aus der Mitte. Sie haben lauter kleine Bedürfnisse wie alle
Menschen. Sie ziehen in den Krieg, weil ihre Dienstherren es befohlen haben. Diese Dienstherren
unterstehen den fürstlichen Brüdern, die in ihrer höheren Ebene ein Katz-und-Maus-Spiel wie aus
Kindertagen spielen und damit ihre Macht erhalten. Die Probleme des Volkes interessieren sie
anscheinend nicht. Lediglich bei der Wahl ihrer Braut hätten beide Brüder besser hinschauen
sollen.
Mit den Ideen der Mitspielerinnen zu Text, Kostüm und Kulisse entsteht ein dramatisch-
komödiantisches Theaterstück, welches die Zuschauer überraschen, erstaunen und nachdenken
lässt. Es darf sich gewundert, gelacht und geweint werden.
Am 29. September ist um 19.30 Uhr Premiere.
Eine zweite Vorstellung findet zum „Theatersonntag“ am 1. Oktober um 17 Uhr statt.