11 August 2019

Ministerpräsident fühlt sich belästigt: Strafantrag gegen Arzt scheitert

Westsachsen/Ostthüringen.- Im Juli 2017 titelte die Ostthüringer Zeitung (OTZ) „Ministerpräsident stellt Strafantrag gegen Arzt“. Hintergrund war ein Streit zwischen dem amtierenden Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Foto oben) und dem Dipl. med. und Facharzt für Anatomie, Psychiatrie und Psychotherapie, Wilfried Meißner (Foto unten). Worüber die OTZ bis heute nicht berichtete, ist der Ausgang des Verfahrens.
Meißner hatte seinerzeit im Namen des Vereins „Anti-Korruption . Reformation 2014 e.V.“ eine Anfrage an den Ministerpräsidenten gestellt, ob dieser in die Machenschaften der seit 1996 vom Verfassungsschutz unter Beobachtung stehenden Psychosekte Scientology verwickelt sei. Dazu übersandte er ihm ein Formular mit ganz spezifischen Fragen und machte es über das Internet öffentlich. „Die Beantwortung dieser Fragen ist elementar wichtig für unsere Gesellschaft, um zu erfahren, wer in unserem Land an den Hebeln der Macht sitzt“, so Meißner. Ramelow fühlte sich offensichtlich belästigt und verweigerte die Antwort. Als Meißner eine „Kontaktaufnahme von der Seite“ über dessen Ehefrau versuchte, platzte dem Ministerpräsidenten der Kragen. Er stellte Strafantrag wegen übler Nachrede, die Staatsanwaltschaft Gera eröffnete die Klage unter dem Aktenzeichen 122 Js 10980/17.
Doch was ist daraus geworden? Zunächst machte Wilfried Meißner auch diese Anklageschrift auf seiner Homepage für jedermann einsehbar öffentlich. Damit rief er erneut die Staatsanwaltschaft auf den Plan, die ihm „verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen gem. § 353d Nr, 3 StGB“ vorwarf. Seine Wohnung wurde durchsucht, der Computer beschlagnahmt und Strafbefehl erlassen. Demnach sollte Meißner zur Strafe einen hohen dreistelligen Betrag zahlen. Dagegen ging er in Widerspruch und verlangte darüber hinaus Akteneinsicht.
Am 22. November 2018 urteilte das Amtsgericht Rudolstadt im Namen des Volkes: „Der Angeklagte wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse. Der Angeklagte ist für die Durchsuchung seiner Wohnung und die Beschlagnahme seines Computers zu entschädigen.“
Was motiviert den Mediziner, sich ehrenamtlich und in seiner Freizeit so stark im Kampf gegen Korruption und Scientology zu engagieren? Dazu sagt Wilfried Meißner: „Wir wollen mit unserem Verein dazu beitragen, dass die Methoden der Scientology von jedem erkannt werden. Dazu gibt es eine ausführliche Veröffentlichung auf meiner Internetseite. Wenn eine Person in Schlüsselposition nicht Stellung beziehen will, so wie im Fall Ramelow, ist das immer bedenklich“, gibt der Psychiater zu bedenken. „Das nährt natürlich den Verdacht, dass etwas vertuscht werden soll.“  Und er verweist auf ein Urteil des VG Berlin vom 31. Mai 2016 (VG 4 K 295.14): „Kein Zugang zu Verschlusssachen bei Scientology-Mitgliedschaft“.