Westsachsen/Zwickau.- Die Empörung war groß, als zur Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag das Thema Stasi in der Stadtverwaltung zur Sprache kam. Zuvor war bekannt geworden, dass dem ehemaligen SED Kreissekretär und späteren Finanzbürgermeister Bernd Meyer (Foto oben | SED/PDS/Linkspartei/DIE LINKE) zu Ehren ein Bäumchen mit Widmung am Schwanenteich gepflanzt wurde (WSZ berichtete). Diese Ehrung empfanden etliche Stadträte und auch viele Zwickauer Bürger als empörend und unerträglich.
Die Stadträte Dr. Michael Luther und Karl-Ernst Müller stellten in ihren Anfragen die Sinnhaftigkeit dieser Aktion infrage. Luther meinte, wenn das jeder machen würde, dann könnte auch die NPD auf die Idee kommen, ihren Funktionären Bäume zu pflanzen, um ihnen zu huldigen. Das sei so nicht hinnehmbar. Müller ging noch einen Schritt weiter und sprach von sich als jemand, der aus einer Opfer-Familie stammt: „Es sind in den letzten Wochen ein paar Dinge passiert, die ich nicht akzeptieren kann. Das ist zum Ersten, dass die FDJ durch unsere Stadt zieht und dieses Haus schändet.“ Damit spielte er auf die Erstürmung des Rathausbalkons im März 2020 durch Mitglieder der ehemaligen SED-Jugendorganisation an (WSZ berichtete). „Zum Zweiten ist noch immer eine Broschüre zu tausenden Exemplaren in Umlauf und liegt im Rathaus aus, auf der das Konterfei von Bernd Göpfert, verkleidet als August Horch, zu sehen ist.“ Göpfert wurde 1989 als Nachfolger für den damaligen Oberbürgermeister Heiner Fischer (beide SED) gehandelt. Schlussendlich machte Rainer Eichhorn (CDU) das Rennen. „Zum Dritten finde ich es unverschämt“, so Müller weiter, „dass ein Mann wie Bernd Meyer, der diesem Unrechtssystem in hohem Range gedient hat, und ich kenne die Aussprüche dieses Herrn, als er noch als FDJ-Sekretär gedient hat...“ Hier fährt ihm die Oberbürgermeisterin in die Parade und mahnt zur Fragestellung. Karl-Ernst Müller will wissen, ob man seitens der Stadtverwaltung vor hat, weiterhin ohne eine gesetzliche Grundlage solche Aktionen durchzuführen. Er fragt außerdem, ob es vostellbar sei, dass dieses Schild entfernt wird. Die Antwort erfolgt laut Oberbürgermeisterin Constance Arndt schriftlich.
Seit der politischen Wende stellt sich die Frage nach dem Umgang mit ehemaligen SED- und Stasikadern regelmäßig. Im Jahre 2008 veröffentlichte die Zwickauer CDU einen Brandbrief mit der Überschrift: „Die Stasi macht wieder mobil - wehret den Anfängen!“. Damals ging es um die Frage, ob ein ehemaliger Stasi-Spitzel in einer Ausstellung von Dr. Edmund Käbisch mit Klarnamen genannt werden darf. Käbisch bekam damals Recht, durfte den Namen nennen. Die Probleme bleiben jedoch bis heute dieselben: Stasikader in so ziemlich allen öffentlichen Bereichen. Bernd Meyer hat es geschafft, sich 30 Jahre lang auf dem Posten zu halten. Wie viele weitere ehemalige Genossen noch immer in leitenden Positionen ihr Unwesen treiben, wird man sehen. Die Empörung darüber sollte jedoch erst der Anfang einer neuen Säuberungswelle sein.