Nun räumte das Landgericht unter Leitung von Ruppert Geußer gravierende Fehler bei der vorangegangenen Verurteilung ein. Beim Oberlandesgericht in Dresden war man offensichtlich zu demselben Ergebnis gekommen, denn die Revision des Angeklagten gegen das Urteil war in Teilen erfolgreich. Nun soll erneut geklärt werden, was sich im Jahre 2018 vor der Verhaftung des Angeklagten, der zeitweise mit dem umstrittenen Instrument der Öffentlichkeitsfahndung bundesweit gesucht worden war, zutrug. Besonderes Augenmerk dürfte auch diesmal wieder auf die Langwaffe gerichtet sein, die der Angeklagte vor seiner Verhaftung angeblich mit sich geführt haben soll. Hardy G. bestreitet dies bis heute vehement, was er gestern in seinen fast dreistündigen Ausführungen noch einmal klar zum Ausdruck brachte.
Gegen den Vorsitzenden Richter Rupert Geußer läuft derweil ein Befangenheitsantrag. Geußer soll den Angeklagten im Vorfeld des Prozesses zu einem Teilgeständnis gedrängt und ihm gleichzeitig angekündigt haben, andernfalls das Strafmaß des fehlerhaften Urteils beibehalten zu wollen. Ein Verhalten, das der Angeklagte offenbar als Erpressung empfand. Bis zur Entscheidung über Geußers Befangenheit führt dieser jedoch weiterhin die Verhandlung.
Schon vor Beginn hatte es zahlreiche Unstimmigkeiten im Gebäude des Landgerichts gegeben. Mit der Begründung des „Seuchenschutzes“ war die Anzahl im Besucherbereich des Verhandlungssaals auf lediglich sechs Sitze limitiert. Fünf der sechs Plätze nahmen zudem Polizisten in Zivil ein, weiteren Besuchern und Medienvertretern der Westsächsischen Zeitung hingegen wollte man zunächst den Einlass aus Platzgründen verwehren. Die Geschäftsführerin des Landgerichts, Ute Zeuner, meinte hierzu, die vorgeschriebene Öffentlichkeit sei schließlich auch gegeben, wenn Polizisten bei der Verhandlung als Zuschauer zugegen wären. Diese Sichtweise sorgte bei den abgewiesenen Besuchern für Empörung.
Richter Geußer verlegte die Verhandlung schließlich in den an diesem Tag freien Schwurgerichtssaal, der trotz Abstands- und Hygieneregeln ausreichend Platz für alle interessierten Gäste bot. Allerdings mussten sich die Besucher und Medienvertreter hierfür einer erneuten Leibesvisitation unterziehen, um das befürchtete Mitführen von möglichen Aufnahmegeräten auszuschließen.
Um kurz nach 15 Uhr endete der erste Verhandlungstag dieses Revisionsprozesses. Die Fortsetzung findet am 16.September statt.
Vertreter der Zwickauer Lokalzeitung „Freie“ Presse waren nicht anwesend. Das Blatt veröffentlichte heute eine Pressemitteilung als eigenen Bericht, die der Gerichtssprecher Altfrid Luthe gestern noch vor der Verhandlung veröffentlichte. Der Informationsgehalt, den die Lokalredakteurin Bettina Junge (Foto unten) den Lesern zumutet, ist demzufolge gleich null. Der Aktualitätsstand ist vom November 2019.